Mohammed Abed al Jabri – Marokkanischer Philosoph und Literaturwissenschaftler
Der marokkanische Philosoph Mohammed Abed Al Jabri (* 27.12.1935 in Figuig; † 3.05.2010 in Casablanca) war einer der bedeutendsten Intellektuellen der Gegenwart und zählt zu den wichtigsten Philosophen der arabischen Welt. Der Vernunfttheoretiker Mohammed Abed al-Jabri kritisierte die zeitgenössischen Lesarten der islamischen Geschichte und untermauerte mit seinen Beiträgen zur individuellen Vernunftanstrengung Forderungen nach Demokratisierung. Seine innovativen und tiefgreifenden Überlegungen zur Bildungs und Gesellschaftsreform, zum Verhältnis arabischer und muslimischer Intellektueller zur kulturellen Tradition des Islam, zur Neubegründung der arabisch-islamischen Philosophie und nicht zuletzt zur Koranforschung lösten heftige Diskussionen und konstruktive Debatten innerhalb der gesamten arabischen Welt aus.
Vier Jahrzehnte lang arbeitete Al-Jabri an der umfassenden und kritischen Reflexion des Niedergangs der arabischen Kultur. Sein Hauptwerk Naqd al-aql al-arabî, zu Deutsch „Kritik der arabischen Vernunft“, erschien von 1984 bis 2001 in vier Bänden: Der erste Teil erschien 1984 unter dem Titel »Die Genese des arabischen Denkens«, 1986 erschien »Die Struktur des arabischen Denkens«, 1990 »Die arabische Vernunft im Politischen« und 2001 dann »Die praktische arabische Vernunft«. „Die Kritik der arabischen Vernunft. Die Einführung“, die 2009 im Perlen Verlag in Berlin erschienen ist, stellt die erste deutsche Übersetzung einer Aufsatzsammlung Al-Jabris dar. Diese Aufsatzsammlung wurde von Vincent von Wroblewsky und Sarah Dornhof im Jahre 2009 ins Deutsche übersetzt. Sie entstand auf der Grundlage der französischen Ausgabe Introduction à la critique de la raison arabe, die aus dem Arabischen von Ahmed Mahfoud und Marc Geoff roy übersetzt und im Jahre 1994 beim Verlag La Découverte in Paris publiziert wurde. Mit der vorliegenden Übersetzung wird bewusst auf die große Lücke bei der Rezeption zeitgenössischer Philosophen aus dem arabischen und islamischen Kulturraum in deutscher Sprache reagiert und somit versucht, einen neuen Weg zur Auseinandersetzung mit der arabisch-islamischen Philosophie der Gegenwart einzuschlagen.
Sarhan Dhouib hat eine sehr interessante Rezension mit dem Titel Auf dem Weg zu einer Neubegründung der Vernunft zu Mohammed Abed Al-Jabri – „Kritik der arabischen Vernunft. Die Einführung.“ erfasst.
Mohammed Abed Al-Jabri – Kritik der arabischen Vernunft. Die Einführung.
Übersetzt von von Vincent von Wroblewsky und Sarah Dornhof; Vorwort von Reginald Grünenberg und Sonja Hegasy, Perlen Verlag, Berlin 2009, 231 S.
Nachdem mehrere deutsche Verlage trotz großen Interesses mit Hinweis auf die Verfolgung von Salman Rushdie von einer Veröffentlichung abgesehen hatten, erschien die ‘Die Einführung zur Kritik der arabischen Vernunft’ 2009 erstmals als Hardcover (232 Seiten) im Perlen Verlag und 2013 in einer aktualisierten und erweiterten Ausgabe als eBook. Deutschlandradio Kultur: „Ein epochales Werk!“
Kann es eine arabische Form der Moderne geben? Oder einen neuen islamischen Rationalismus? Mohammed Abed Al-Jabri analysiert in seinem Werk „Kritik der arabischen Vernunft“ die arabische Kultur zurückgehend bis auf ihre antiken Quellen. Sein Werk löste heftige Diskussionen aus. Die „Kritik der arabischen Vernunft“ ist eine Fundamentalanalyse der arabischen Kultur. Es geht dem Autor darum, politische und soziale Denk- und Handlungsmuster zu entwickeln, mit denen die arabische Welt ihre eigene Geschichte wieder in die Hand bekommt, anstatt weiterhin von der eigenen idealisierten Vergangenheit manipuliert zu werden. Al-Jabri hat sich auf diese faszinierende philosophische Expedition begeben, um zu zeigen, dass es doch noch eine eigene, eine arabische Form der Moderne geben könnte.
Diese will er mit der Neubegründung des islamischen Rationalismus beginnen lassen. Dazu werden die antiken Quellen von Al-Jabri wieder zum Sprechen gebracht, vor allem die Schriften von Ibn Rushd, der im Mittelalter unter dem Namen Averroes berühmt war als der arabische Überlieferer der griechischen Philosophie, insbesondere der Schriften des Aristoteles. Das vierbändige Werk wird hier zum ersten Mal außerhalb des arabischen Sprachraums publiziert.
Über den Autor:
Al Jabri wuchs als Berber in einer halbnomadischen Familie im Süden Marokkos auf. Nach der Koranschule absolvierte er eine Schneiderlehre, wurde Volksschullehrer und begann 1958 ein Philosophiestudium in Damaskus. 1970 wurde er mit einer Dissertation über Ibn Khaldun (1332-1406) promoviert. Bis zu seinem Tod 2010 war er Professor für Philosophie und islamisches Denken an der Universität Mohammed V. in Rabat/Marokko. Im Dezember 2008 erhielt er den Preis für Freies Denken der Ibn Rushd Stiftung in Karlsruhe. Die Kritik der arabischen Vernunft ist sein Hauptwerk, das aus vier Bänden und einer Einführung besteht, die 2009 im Perlen Verlag erschienen ist.
Die Editions Maghrébines in Casablanca hatten zum Tod Al Jabris im Mai 2010 eine schöne Fotobroschüre auf arabisch veröffentlicht.
Quellen: wikipedia.org, kritikderarabischenvernunft.wordpress.com, www.perlentaucher.de, www.polylog.net