Die Muttersprachen des Maghreb – Maghrebinisch-Arabisch und Berberisch
Der Maghreb ist die größte Heimat vielfältiger Sprachen und Kulturen. Die Muttersprachen des Maghreb gehören zur Familie der afroasiatischen Sprachen und unterteilen sich in zwei Kategorien: Maghrebinisch-Arabisch und Berbersisch. In den Bildungseinrichtungen, Ämtern, Medien und sonstigen offiziellen Angelegenheiten wird Hocharabisch verwendet. Französisch ist in den Maghrebstaaten als Handels-, Bildungs- und Kultursprache von großer Bedeutung.
Maghrebinisch-Arabisch und Berberisch gelten als die Muttersprachen der maghrebinischen Bevölkerung. Als Muttersprache bezeichnet man die in der frühen Kindheit ohne formalen Unterricht erlernte Sprache. Die sogenannte Erst- oder Primärsprache verankert sich in ihrer grammatikalischen Struktur sowie den einzelnen Lautgestalten so fest im menschlichen Gehirn, dass sie vom Sprecher fast automatisch beherrscht wird. In dem Zeitraum Kindheit bis zur frühen Jugend hat sich jeder Mensch diese Sprache fast nahezu perfekt angeeignet. Keine andere, die nach der Pubertät gelernt wird, vermag diesen wichtigen Platz einzunehmen. Die Muttersprache ist für immer die beste Möglichkeit, sich zu verständigen.
1. Maghrebinisch-Arabisch:
Maghrebinisch-Arabisch (auch Maghrebinischer Dialekt, Maghrebinisches Arabisch, Maghreb-Arabisch oder nur Maghrebinisch) ist ein Sammelbegriff für die Varietäten des Arabischen, die im Maghreb gesprochen werden. Die maghrebinischen Dialekte des Arabischen bilden eine eigene Dialektgruppe und sind untereinander weitestgehend verständlich. Die Anwendung dieser Sprache führe bis zum 13 Jahrhundert zurück. Ihre wichtigsten Elementen stammen von den Phöniziern, den Arabern und Berbern.
Meist wird der Begriff geographisch ausschließlich auf den Maghreb bezogen, doch auch die Maltesische Sprache entstand aus einem maghrebinischen Dialekt; später wurde er zu einer modernen Standardsprache ausgebaut. Ebenso handelte es sich bei dem ausgestorbenen Sizilianisch-Arabisch wie auch beim Andalusisch-Arabisch um einen maghrebinischen Dialekt.
Die Maghreb-Dialekte sind vor allem in der Lexik stark von den Berbersprachen geprägt worden, für deren Verdrängung sie gleichzeitig verantwortlich sind. Sie weisen zudem einige Lehnwörter aus dem Französischen und Italienischen auf, bedingt durch die Kolonialzeit. Im Maschrek hingegen wurden Wörter vor allem aus dem Türkischen, Persischen oder Griechischen übernommen.
Charakteristika:
Ein gemeinsames Merkmal aller maghrebinischen Dialekte, worin sie sich von der Dialekten des Maschrek unterscheiden, ist die abweichende Bildung der 1. Person Singular und Plural des Imperfekts. Im Vergleich des Tunesischen zum Kairoer Dialekt drückt sich diese Besonderheit am Beispiel schreiben wie folgt aus: Tunes. niktib steht ägypt. aktib bzw. tunes. niktbu dem ägypt. niktib gegenüber. Charakteristisch ist hierbei der Präfix n in der 1. Ps. sowie der Suffix u in der Pluralform. Es existieren verschiedene andere Besonderheiten in Morphologie und Lexik, die das Maghrebinische in seiner Gesamtheit schwer verständlich für Sprecher des Hocharabischen machen, so z.B. das fast immer auftretende Weglassen von kurzen Vokalen.
Die Dialektgrenzen innerhalb des Maghrebs folgen stärker sozialen (Beduinen – Sesshafte) als politischen Grenzen. Zu den maghrebinischen Dialekten werden gezählt:
Algerisch-Arabisch
Marokkanisch-Arabisch
Tunesisch-Arabisch
Libysch-Arabisch
Hassanya-Arabisch
Sahara-Arabisch
1.1. Algerisch-Arabisch ist die arabische Umgangssprache, die im gesamten Norden von Algerien sowie in kleineren Regionen im angrenzenden Tunesien und Marokko gesprochen wird und gehört zu der Gruppe der maghrebinischen Dialekte. Sie besteht aus zahlreichen Einflüssen des Berberischen. Neben dem Hocharabischen bildet sie die tägliche Umgangssprache der Mehrheit der Bevölkerung Algeriens. Insgesamt mit den in andere Länder ausgewanderten Personen wird sie von etwa 32,678 Mio. Sprechern verwendet.
1.2. Marokkanisch-Arabisch ist die arabische Umgangssprache Marokkos, die als Muttersprache von etwa 20 Mio. Menschen und ca. 12 Mio. als Zweitsprache neben den Berbersprachen gesprochen wird. Viele Sprecher sind in letzter Zeit nach Westeuropa ausgewandert. Die Sprache gehört zur Gruppe der maghrebinischen Dialekte des Arabischen und ist sehr stark mit berberischen Wörtern durchsetzt. Die Sprecherzahl in allen Ländern beträgt zusammen etwa 25,733 Mio. Menschen.
1.3. Tunesisch-Arabisch ist die arabische Umgangssprache, die in Tunesien und im äußersten Nordosten Algeriens verwendet wird. Die Sprache gehört zur Gruppe der maghrebinischen Dialekte des Arabischen. Die Sprecherzahl in allen Ländern beträgt zusammen etwa 10,863 Mio. Menschen.
1.4. Libysch-Arabisch ist die arabische Umgangssprache, die in Libyen sowie in kleinen angrenzenden Regionen von Ägypten, Tunesien, Algerien und der Republik Niger gesprochen wird. Sie gehört zur Gruppe der maghrebinischen Dialekte des Arabischen. Die Einflüsse auf diese Sprache kommen vor allem aus dem Berberischen, aber auch aus dem Italienischen und sogar dem Türkischen. Die Sprecherzahl in allen Ländern beträgt zusammen etwa 6,6 Mio. Menschen.
1.5. Hassaniya-Arabisch auch Hassaniya – ist die vorherrschende arabische Umgangssprache, die in der westlichen Sahara, in dem sogenannten „Ard al-Bidhan“, dem Gebiet der Mauren (Bidhan), gesprochen wird. Ihr Verbreitungsgebiet umfasst die Zentren der Länder Mauretanien und Westsahara, ist aber auch in größeren Randzonen von Marokko, Algerien, Niger, Mali und Senegal verbreitet. Die Bezeichnung „Klem Hassan“ leitet sich von den arabischen Stämmen der Beni Hassan ab, die ab dem 14. Jh. die in diesen Gebieten heimischen Berbervölker „arabisierten“. Das Hassaniya-Arabisch enthält neben berberischen auch zahlreiche afrikanische, vor allem aus dem Wolof stammende sowie auch französische Fremdwörter.
1.6. Sahara-Arabisch ist eine strukturell recht unterschiedliche Umgangssprache des Arabischen, die vor allem in Algerien, in den Provinzen Adrar, Béchar, Biskra, Djelfa, El Bayadh, El Oued, Ghardaïa, Illizi, Laghouat, Naama, Ouargla, Tamanrasset und Tindouf sowie entlang der Grenze zu Marokko und dem Hohen Atlas bis nordöstlich nach Médéa, im Süden der Hauptstadt Algier, südöstlich bis Righ Wadi, und nach Süden bis zum Plateau von Tademait von etwa 141.000 Menschen gesprochen wird. Etwa 19.000 Menschen gebrauchen sie auch in der Region um Agadez der benachbarten Republik Niger. Ca. 105.000 Yahia-Beduinen in der Region Msseyed und 45.000 Gil-Beduinen in der Region Tantan im im Süden Marokkos, ca. 46.000 Jerid-Beduinen im nördlichen Tunesien, nahe der Hauptstadt und etwa 22.000 Gafsa-Beduinen in der Region Gafsa sprechen sie. Ebenso wird sie von etwa 33.000 Soliman-Beduinen im benachbarten Tschad verwendet.
2. Berbersprachen:
Die Berbersprachen oder Berberisch sind ein Zweig der afroasiatischen Sprachen, die in einigen Teilen Nordafrikas von Berbern gesprochen werden. Der Sprachraum erstreckt sich in Ost-West-Richtung vom Atlantik bis nach Ägypten, in Nord-Süd-Richtung vom Mittelmeer bis nach Niger. Das Berberische hat ungefähr 40 Millionen Sprecher. Bis in das Mittelalter hinein waren die Berbersprachen ein Dialektkontinuum, das erst durch das Eindringen des Arabischen zersplittert wurde.
Zu den Berbersprachen gehören:
Tarifit (Riffi)
Tamazight (Atlas)
Taschelhit (Schelha)
Taschenwit (Schenwa)
Taqbaylit (Kabyl)
Taschawit (Schawiya)
Zenatiya (Mzab)
Tamalhaq (Tuareg)
Tanfusit (Nafusi)
Tuddungiyya (Zenaga)
2.1. Tarifit (Riffi) ist eine Berbersprache, die von etwa 1,433 Mio. Menschen in Marokko von Alteria entlang der Küste, über die algerische Grenze hinweg und dort von etwa 776.000 Menschen (2014) bis in das algerische Arzew gesprochen wird. Zu ihr gehören in Marokko die Dialekte Urrighel, Iznacen (Beni Iznassen) u.a. sowie in Algerien Arzeu, Igzennaian und Iznacen (Beni Iznassen). Iznacen (Beni Iznassen) könnte auch eine separate Sprache sein. Das Wort „Rif“ kommt aus dem Arabischen und bedeutet: „Am Rande der Zivilisation“. Zahlreiche Angehörige von ihnen leben auch in Frankreich und in den Niederlanden. Sowie in Marokko als auch in Algerien unterliegt ihre Sprache einem sich weiterentwickelnden Status.
2.2. Tamazight: unter diesem Begriff werden mehrere Berbersprachen verstanden, die in Marokko und Algerien verbreitet sind und zu verschiedenen Untergruppen gehören. Ihre Sprecher in Marokko werden als Beraber bezeichnet. Dazu gehören die Sprachen Temacine Tamazight, Tidikelt Tamazight und Zentral-Atlas-Tamazight.
2.3. Taschelhit (Shelha) ist eine zur Atlas-Gruppe der Nordgruppe gehörende Berbersprache, die von etwa 3,089 Mio. Menschen (2014) im südlichen Marokko, teils in der Ebene des Um-er-Rebia, teils im südlichen Hohen Atlas, im Anti-Atlas in Mittel-Marokko bis an die Küste des Atlantik im Norden gesprochen wird. Sie ist eine der wichtigsten Berbersprachen in Marokko. Aber auch in Algerien leben etwa 288.000 Berber, (2014) die Tashelhait sprechen, vor allem im Süden, nahe der marokkanischen Grenze, um Tabelbala und ca. 110.000 in der West-Sahara. Ein zugehöriger Dialekt ist das Susiua (Sus, Sousse). „Tachelhit“ ist der allgemeine Name für die Sprache und „Shilha“ ist der arabische Name für die marokkanischen Berberdialekte allgemein. Viele der Sprecher sind bilingual in Arabisch, vor allem die Männer. Die meisten Frauen dagegen sprechen kein Arabisch.
2.4. Taqbaylit (Kabylisch) wird in den kabylischen Bergen südöstlich von Algier bis Annaba gesprochen. Sie ist die Sprache der eigentlichen Kabylen (K’baïl).
2.5. Taschawit (Chaouia, Shawija) wird südlich der Stadt Constantine bis zur tunesischen Grenze, vor allem im Aurès-Gebirge in Algerien gesprochen.
2.6. Zenatiya (Mzabi) ist die Sprache der Beni Mzab (Mozabiten) in den algerischen Oasen des Wadi Mzab und um Ghardaia.
2.7. Taschenwit ist eine zur Atlas-Gruppe der Nordgruppe gehörende Berbersprache, die von einer nicht bekannten Anzahl an Sprechern innerhalb einer ethnischen Population von etwa 82.500 Menschen (2014) in Algerien, in den Regionen um die Städte Cherchell, Hamadia, Gouraya, Damous, Oued Damous, Larhat, Marceau, Sidi Amar, Nador, Tipaza, Sidi Mousa und Ain Tagourirt gesprochen wird. Die Sprache befindet sich zugunsten des Algerisch-Arabischen, das in der heutigen Zeit in der Mehrheit vor allem von den Männern sowie von den jüngeren Menschen verwendet wird, in einem veränderlichen Status. Sie besitzt 77% lexikalische Similarität mit dem Chaouia und Tachawit sowie 76% mit dem eigentlichen Kabylischen.
2.8. Tamalhaq (Tuareg) ist eine der bedeutendsten Berbersprachen, die von dem Volk der Tuareg gesprochen wird. Sie wird von rund 1,3 Mio. oder mehr Tuareg in Süden Algeriens, in Mali, in der Republik Niger und in Libyen gesprochen, wo sie in zahlreiche Dialekte zerfällt. Das Nord- und das Süd-Tamalhaq sind die beiden Hauptdialekte. Zum Norddialekt gehört das Tahaggart Tamahaq (Tomachek, Tuareg, Ahaggaren), das von etwa 39.000 Tuareg (2014) in Algerien gesprochen wird. Zum Süddialekt gehört das Tawallammat Tamalhaq (Tamasheq, Amazigh, Tewellemet, Tahoua, Tahoua Tamajeq), das etwa 833.000 Menschen (2014) in der Republik Niger sprechen.
2.9. Tanfusit ist eine zum Zenatiya gehörende Berbersprache der Nordgruppe, die innerhalb einer ethnischen Population von rund 173.000 Menschen (2014) in Libyen und etwa 109.000 Menschen (2014) in Tunesien, hier unter dem Namen „Shilha“ und „Djerbi“ gesprochen wird. Sie ist vor allem in Tripolitanien, im westlichen Libyen, in einem isolierten Gebiet rund um die Städte Nalut und Yafran in der Jebel-Nefusa-Region, im Küstengebiet rund um Zuara sowie westlich von Tripolis verbreitet. In Libyen verwendet man den Dialekt Zuara (Zouara, Zuwarah, Zwara, Zuraa). In Tunesien ist Shilha vor allem im Südosten des Landes, in isolierten Dörfern im Süden der Mittelmeerinsel Djerba, im südlichen Tunesien und im Viertel Bab Souika in Tunis (Tamezret), ebenso im Tamezret-Dorf nahe Zeraoua und Taoujjout, südlich von Gabès (Tamezret) verbreitet. Hier sind die Dialekte: Jbali-Tamezret (Duwinna) und Jerba (Djerbi, Guelili) verbreitet. Die Bevölkerung trägt die Bezeichnung „Nafusa“.
2.10. Tuddungiyya (Zenaga) – Die Sprache der Zenaga, einem Berbervolk, das in Ost-Marokko, SW-Mauretanien bis nördlich der Senegalmündung, immer entlang der Küste lebte. Heute sprechen diese Sprache etwa 200 bis 300 Menschen (1998) innerhalb einer ethnischen Population von ca. 2.700 Menschen (2014) zwischen Mederdra und der Küste im südlichen Mauretanien. Die Sprache steht in einem nahen Zusammenhang mit den anderen Sprachen von Berbervölkern, was ihre grundlegende Struktur betrifft, jedoch die spezifischen Besonderheiten sind äußerst verschieden.
Quelle: wikipedia.org, langwhich.com