Souad Massi – algerische Sängerin und Songwriterin
Souad Massi (* 23. August 1972 in Bab el Oued, einer Vorstadt in den Hügeln über Algier) ist eine algerische Sängerin, Songwriterin und Gitarristin, deren Musik sich durch verschiedenartigste Klangeinflüsse auszeichnet.
Mit ihren teils persönlich, teils politisch eingefärbten Chansons gilt sie seit vielen Jahren als eine der bekanntesten Stimmen Nordafrikas. Souad Massi wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, ihr Vater war Ingenieur. Obwohl Souad Massi sich schon früh für Musik interessierte, war es alles andere als klar, dass sie später auch wirklich Musik machen würde. Zum einen missbilligte der Vater die Ambitionen seiner Tochter, zum anderen ist es generell schwierig, sich in Algerien als Musikerin durchzusetzen.
Souad Massi hat eine bewegte musikalische Laufbahn hinter sich: Als kleines Mädchen brachte sie sich selbst das Gitarrespielen bei, wurde dann Mitglied in einer Flamencotruppe und landete schließlich in der Hardrockband ihres Bruders. 1999 folgte dann der schwere Weg ins Exil, denn für eine emanzipierte junge Frau war Algerien während des Bürgerkriegs ein zu gefährliches Pflaster. In Paris nahm Souad Massi 2001 ihr erstes Soloalbum „Raoui (Storyteller)“ auf, das ihr prompt den Newcomer-Preis bei den BBC World Music Awards einbrachte. Danach widmete sich Souad Massi verstärkt der Musik ihrer algerischen Heimat.
Aus der rebellischen, westlich orientierten Frau wurde nun eine Sängerin, die sich in ihren Liedern mit der Kultur und der politischen Situation im Maghreb auseinandersetzte und für die Freiheit der Kunst und für die Rechte der algerischen Frauen eintrat. Diesen Kurs hat Massi auch auf ihren weiteren Alben fortgesetzt, zuletzt auf „O Houria“ (Freiheit) aus dem Jahr 2010. Als Dissidentin oder als Vorbotin des arabischen Frühlings möchte sie aber deswegen nicht bezeichnet werden. „Unfreiheit“, sagt Souad Massi, „gibt es überall, auch in Europa.“ Quelle: wikipedia.org
Lieder für Frieden und Toleranz – El Mutakalimun:
Wenn heute in westlichen Medien über die arabische Welt berichtet wird, dann sind es vor allem die extremen Stimmen, die zu Wort kommen: Hassprediger und Salafisten, die Wortführer einer radikalen und intoleranten Auslegung des Islam. Doch es gibt auch andere Beispiele: Die „Mutakallimun“ zum Beispiel – gelehrte Dichter und Denker im mittelalterlichen Spanien, die sich für Toleranz und ein Miteinander der Religionen stark gemacht haben. Ihnen wollte Souad Massi ein Denkmal setzen – deshalb hat sie sich für ihre neue CD deren Texte vorgenommen und hat sie vertont.
„El Mutakallimun – das heißt auf Deutsch so viel wie die Gelehrten der Debatte: Dieses Album ist eine Hommage an die liberalen Geistesgrößen, die es in der arabischen Kultur immer gegeben hat. Menschen wie der irakische Dichter Al Mutanabbi zum Beispiel. In seiner Poesie geht es um den Wert der Freiheit, um die Ablehnung von Diktatur und Unterdrückung. Deswegen ist mir seine Botschaft so wichtig und deshalb wollte ich sie unbedingt vertonen.“
Die Idee zu dem neuen Album kam Souad Massi in einer schlaflosen Nacht im Hotelzimmer: Um vier Uhr morgens saß sie vor dem Fernseher, sah eine Dokumentation über das mittelalterliche Cordoba – und ärgerte sich. Wie kommt es, fragte sie sich, dass nur so wenig über diese Zeit gesprochen wird, eine Zeit der kulturellen Blüte und der friedlichen Koexistenz zwischen Christen und Muslimen? Warum sind die Gedichte und die Philosophie von damals heute kaum noch jemand geläufig – und zwar weder im Westen noch in der arabischen Welt?
„Die Medien liefern heutzutage ein sehr verzerrtes Bild der islamischen Welt. Ja, es gibt Kriege, ja, es gibt Gewalt und Unterdrückung. Aber die islamische Kultur bietet doch viel mehr: Sie ist vielfältig, sie ist enorm reichhaltig und sie beinhaltet eine Menge durchaus progressiver Strömungen, die im Westen einfach nicht wahrgenommen werden. Der Islam lässt sich nicht so einfach auf den Terrorismus reduzieren.“
Ein Text stammt von einem zeitgenössischen Dichter aus dem Irak
Insgesamt zehn Texte hat Souad Massi für ihr neues Album ausgesucht: Nicht alle stammen aus dem Mittelalter, einige sind auch ganz aktueller Natur : So wie zum Beispiel das Gedicht „El houryia“. Ahmed Matar hat es geschrieben, ein junger irakischer Dichter, den Souad Massi über ihre facebook- Community kennen gelernt hat.
„El houriya – dieses Gedicht erzählt die Geschichte eines Lehrers, der in seine Klasse kommt und das Wort Freiheit an die Tafel schreibt. Die Schüler wissen nicht, was das Wort bedeutet, ja sie wissen noch nicht mal, dass es Teil der arabischen Sprache ist. Der Lehrer ist bestürzt, er sagt: meine armen Kinder, ihr kennt weder eure Vergangenheit noch eure Zukunft, ihr seid verloren! Aber dann überlegt er es sich nochmal und erklärt ihnen doch, was es bedeutet, damit sie in Zukunft damit umgehen können. Das fand ich eine sehr schöne Geschichte, deswegen habe ich ein Lied dazu gemacht.“
Dass sie mit ihren Botschaften nicht überall gut ankommt, nimmt Souad Massi in Kauf. Auch dass sie seit vielen Jahren in ihrer Heimat Algerien nicht mehr auftreten kann, weil ihre Musik den dortigen Behörden ein Dorn im Auge ist. Das Wichtigste, so sagt sie, seien ihre Fans. Und die wollten vor allem eines: Dass sie sich treu bleibe – als Musikerin und als Mensch.
„Ich habe keine Angst. Im Gegenteil: ich bin oft in Algerien und ich poste dann auch immer Fotos auf meiner facebook- Seite, sodass mich jeder finden kann. Der einzige Grund, warum ich in Paris lebe, ist meine Karriere, weil ich hier auftreten kann. Aber vielleicht – wenn sich die Verhältnisse mal ändern – dann kehre ich eines Tages wieder zurück in meine Heimat.“ Quelle: deutschlandradiokultur.de