Märchenreihe Maghreb #17 – Die Salzpuppe
Jeden Freitag stellt uns der Geschichtenerzähler und Autor Naceur-Charles Aceval ein Märchen aus seinen Büchern vor und entführt uns mit seinen Geschichten und Weisheiten in die Märchenwelt des Maghreb.
„Menschen kommen, Menschen gehen! Allein das Wort reist und bleibt und erreicht immer sein Ziel.“ so fangen immer die Erzählungen von Naceur-Charles Aceval an, welche der Erzähler direkt aus dem Mund seiner Mutter gehört und die ihn von Kindheit an tief geprägt haben. Es sind die Geschichten und Märchen aus der Welt der Nomaden und dem Nomadenzelt seiner Kindheitstage und Vorfahren in den Hochebenen Algeriens, zwischen Meer und Wüste, zwischen Nomaden und Seßhaften, die direkt aus der mündlichen Erzähltradition des Maghreb entstammen.
Die Salzpuppe
Aus dem Buch „Kleine Märchen, große Weisheiten“, Mai 2017, Papermoon-Verlag. Bestellung direkt bei Naceur-Charles Aceval.
Es lebte einmal eine sehr neugierige Salzpuppe. Sie wollte alles wissen und alles kennenlernen, was sie umgab, nah oder fern.
Eines Tages beschloss sie, ihre Wüste aus Sand und Salz zu verlassen, um die Welt zu erforschen. Sie überquerte Berge, die sie nur von Ferne kannte. Sie drang in Wälder ein, die ihr nicht unbekannt waren. Sie lief und lief……
Eines Morgens stand sie vor einer großen Wasserfläche: Es war das Meer! Sie blieb überrascht stehen und sah das ewige Kommen und Gehen der immer unterschiedlichen Wellen. Nachdem die Salzpuppe eine lange Zeit meditiert hatte, fragte sie sich, was in den Tiefen des Wassers verborgen sein könnte. Sie wandte sich an die große blaue Fläche und sprach:
„Oh, du große Unbekannte, wer bist du?“
Das Meer antwortete:
„Wenn du mich wirklich kennen lernen willst, musst du bei mir wohnen. Komm, ich lade dich ein.“ Glücklich über diese Einladung lief die Salzpuppe in die Wellen. Je tiefer sie ins Meer eindrang, umso kleiner wurde sie. Bevor sie sich völlig auflöste, seufzte sie glücklich und zufrieden:
“Jetzt weiß ich endlich, wer ich bin.“