Aziz Chouaki – Algerischer Autor
Aziz Chouaki (*17.08.1951 Kabylei/Algerien, 16.04.2019 Paris) war ein algerischer Autor und gehört einer neuen, zukunftsorientierten Generation von Schriftstellern an. Von Jugend an ist er Musiker, der arabo-andalusische Klassik mit Jazz verbinden will.
Bis 1991 betrieb er einen Musik-Club in Oran. Studium der englischen Literatur in Algier. Lebt seit 1991 in Frankreich, wo er als Schriftsteller, Theaterautor und Musiker arbeitet. Er ist ein erbitterter Kritiker der Zustände in seinem Heimatland: Machtmissbrauch, Korruption, Fundamentalismus, Perspektivlosigkeit der Jugend. Der Autor besticht durch Sprachgewalt und Ideenreichtum. Man darf ihn zu den kreativsten Autoren der frankophonen Gegenwartsliteratur zählen.
Während lange Zeit die Kolonisierung und die damit einhergehende Identitätssuche Thema der algerischen Schriftsteller waren, belebt nun ein frischer Wind die literarische Szene Algeriens. Es ist äußerst erfreulich, dass der allgemeine Aufwärts-Trend des Landes sich auch literarisch widerspiegelt.
Musik als Waffe gegen die Wunden eines Landes
Den Spagat zwischen Tradition und Moderne thematisiert Aziz Chouaki in seinem Roman Etoile d’Alger (deutsch: Stern von Algier, Übersetzung: Barbara Gantner). Moussa, ein Musiker aus dem Volk, will traditionelle Berbermusik mit westlicher verweben, er will „der Michael Jackson von Algier“ werden. Mit vollem Einsatz verfolgt er diese verrückte Idee – zwischen zweifelhaften Nachtclubs, mittelmäßigen Auftritten auf Hochzeiten und gegen die Machenschaften betrügerischer Produzenten. Zunächst ist er auf Erfolgskurs. Selbst ein Interview von ihm erscheint in Algerie Actualité. Aber das Armutsmilieu, in dem er sich tummelt, hat tausend Facetten zwischen Gelingen und Scheitern. Die Lebensfülle einer konfliktreichen und abgründigen Gesellschaft tut sich detailreich auf: Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Korruption, Schwarzmarkt, Dreck, Perspektivlosigkeit – und der vermeintliche Ausweg in Alkohol und Drogen: Haschisch, Koks und Zombretto, eine gewagte Mischung aus Sirup und Brennspiritus.
Wie ein Faustschlag wirkt schon der Name der Siedlung, in der Moussa wohnt: Sonne und Meer. Weckt dieser Name doch eher Assoziationen einer Urlaubsidylle, steht die Realität in krassem Widerspruch dazu: 13 Personen, vom quengelnden Kleinkind bis zur kränkelnden Großmutter, teilen sich lediglich drei Räume, keine Chance auf Intimität oder auch nur persönlichen Rückzug. Moussas Studio ist die Müllhalde hinter der Siedlung, zwar mit freiem Blick aufs Meer, aber bevölkert von unzähligen rotznasigen Kindern. Die Leichtigkeit der Musik einerseits, der deprimierende Druck der Realität andererseits, prallen in ihrer Unvereinbarkeit aufeinander. Der Abstieg ist vorgezeichnet, als die Fundamentalisten in den 90er Jahren die Oberhand gewinnen, seine westlich infiltrierte Musik verpönt ist. Und die Freundin verlässt ihn, die Freunde setzen sich ab nach Paris.
Aziz Chouaki, selbst Musiker, entwirft ein Bild Algeriens, das sich ein Europäer so kaum vorstellen kann. Er schafft es, den Protagonisten in unsere Herzen zu schreiben. Schon nach wenigen Seiten kann sich der Leser ihm nicht mehr entziehen oder ihm seine Empathie verweigern. Quelle: http://kunst-und-kultur.al-maqam.de/
Der Roman „Stern von Algier“ kann beim Kinzelbach Verlag bestellt werden.