Die Großmächtigen von Hédi Kaddour
Die Großmächtigen von Hédi Kaddour. Aus dem Französischen von Grete Osterwald. Aufbau-Verlag, Berlin Juli 2017
Maghreb Magazin stellt regelmäßig Bücher aus und über dem Maghreb vor. Dazu zählen ausgewählte Werke der Literatur auf Deutsch und ins deutscher Übersetzung, deren Handlung im Maghreb spielt oder dort ihre Wurzeln haben. Die maghrebinische Literatur ist geprägt von der Kolonialgeschichte, Exil und Migration, Fundamentalismus, aber auch Hoffnung auf Veränderung und umfasst Literatur in verschiedenen Sprachen – arabischen, französischen und amazighischen – mit verschiedenen Stilen und Themen sowie historischen Hintergründen. Sie zeichnet sich durch einen hohen Grad an Welthaltigkeit und führt den Leser so in eine andere Region mit all ihren Verwerfungen, Brüchen, Katastrophen…
Verglichen mit der jungen arabischsprachigen Literatur des Maghreb erfreut sich die frankophone Literatur zweifellos eines großen Ruhms auf der ganzen Welt. Die französisch geschriebene Literatur des Maghreb gilt als eine lebendige Auseinandersetzung mit Tradition, Geschichte und aktuellen Lebensbedingungen. Als Tahar Ben Jelloun, der meisübersetzte und prominenteste marokkanische Gegenwartsautor, 1987 mit dem Prix Goncourt für seinen Roman „Die Nacht der Unschuld“ ausgezeichnet wurde, hat dies der gesamten Maghrebliteratur einen Popularitätsschub beschert. Die frankofone Literatur des Maghreb ist seitdem im deutschen Sprachraum verstärkt wahrgenommen worden, besonders nachdem maghrebinische Autorinnen und Autoren französischer Sprache mit wichtigen internationalen Preisen ausgezeichnet wurden, u.a. Tahar Benjelloun, Kateb Yassine, Assia Djebbar, Boualem Sansal, Hédi Kaddour, Kamel Daoud, Yasmina Khadra uvm. Einige couragierte Verlage (etwa Verlag Donata Kinzelbach, Unionsverlag, Lenos, Eichborn, Rotbuch, Edition Orient) haben vornehmlich marokkanische, algerische und tunesische Autoren in guten Übersetzung in ihrem Programm. Der Verlag Donata Kinzelbach hat in 30 Jahren Existenz 122 Titel von 68 Autoren aus dem Maghreb herausgebracht.
Hédi Kaddour – Die Großmächtigen
Aus dem Französischen von Grete Osterwald. Aufbau-Verlag, Berlin Juli 2017. 477 Seiten
978-3-351-03681-2
1922 ist die Welt in der maghrebinischen Stadt Nahbès zu aller Zufriedenheit aufgeteilt. Bis ein amerikanisches Filmteam wie ein Meteor in dem Wüstenort einschlägt. Für einen Moment begegnen sich die Amerikanerin Kathryn und Raouf, der Sohn des Caïd, die junge Witwe Ranja, der altersmilde Kolonialist Ganthier und die kesse Pariser Journalistin Gabrielle in einer ebenso unbeschwerten wie abenteuerlichen Utopie – ehe das Rad der Geschichte einen jeden wieder an seinen Platz verweist.
In seinem vielfach ausgezeichneten Roman erzählt Kaddour mit Witz und Weisheit, Poesie und Tempo von einer vergangenen, verblüffend vertrauten Epoche voller Aufbrüche und dramatischer Kollisionen.
Leseprobe
Über den Autor
Hedi Kaddour wurde 1945 in Tunesien geboren, lebt aber seit seiner Kindheit in Frankreich. Er studierte an der ENS Literatur und Dramaturgie und arbeitet als Übersetzer aus dem Englischen, Deutschen (Lessing) und Arabischen. Er hat sechs Gedichtbände wie auch eine Sammlung mit Essays über Dichtung, L’Emotion impossible (Le Temps qu’il fait, 1998), veröffentlicht. Für seinen Debütroman „Waltenberg“ wurde ihm der Prix Goncourt du premier roman verliehen. Hedi Kaddour lebt in Paris.
Pressestimmen
» Die Großmächtigen birgt in sich den Zündstoff einer ganzen Epoche. Ein großer Weltroman. « Le Monde des Livres
» Kaddour versteht es, den Leser von der ersten Seite an zu fesseln: mit psychologischem Feingefühl genauso wie mit stilistischen Finessen und verdecktem ironischen Augenzwinkern.“ Christoph Vormweg, Deutschlandfunk
» Noch über alles andere hinaus ist Kaddours hintergründiger Roman eine Hommage an das Schreiben, an Sprache und Literatur. Denn nur eines eint all seine Figuren verschiedener Herkünfte und taugt als Mittel zur Verständigung: die Literatur. «
Deutschlandfunk
» Kaddours Prosa hat einen sehr eigenen Rhythmus: Mal verweilt sie ausgiebig bei einer Szene; mal durcheilt sie Orte und Zeiten. Sie schweift ab und spürt Nebenfiguren nach; lauscht Gedankenströmen und nimmt dann auf einmal rasant Abstand zu den Figuren. Es gibt viele alltägliche Gespräche, die doch so treffend sind wie bei Tschechow oder Raymond Carver. « WDR 3
» Hédi Kaddour beschreibt wunderbar ausufernd das kleinstädtische Milieu sowie die Parallelwelten; die französische und arabische Bevölkerung und dazwischen das Filmteam (…). Ein Roman, der viel zusammenbringt. « hr 2 Kultur
» Wichtiges Werk zum Verhältnis zwischen Europa und Nordafrika. « Deutschlandfunk
» Hédi Kaddour liefert mit ›Die Großmächtigen‹ – so viel kann man in diesem Sommer schon sagen – einen der subtilsten und literarisch ausgefeiltesten Beiträge zur gegenwärtigen Frankreich- und Weltlage. « SWR 2
» Die Großmächtigen‹ ist ein Buch der lustvollen Grenzgänge und der betörenden Kulturbrüche, eine Augenblicksutopie (…). « Der SPIEGEL
» Die Großmächtigen‹ ist ein brillanter Roman, intellektuell anspruchsvoll und sinnlich befriedigend. Mit Witz und konkreter Anschaulichkeit schildert er die maghrebinische Kolonialgesellschaft, die amerikanische Moderne und das brodelnde Berlin der 1920er-Jahre. « SFR 2
» Kaddour taucht in die Tiefenschichten des komplexen Beziehungsgeflechts zwischen Europa und dem Maghreb ein – es ist wirklich ein Welt-Roman. « Deutschlandfunk
» Ein Schlüsselroman zwischen Orient und Okzident, kunstvoll gewebt und unterhaltsam, meisterhaft ins Deutsche übertragen von Grete Osterwald. « SR 2 Kulturradio
» Seine große Kunst dabei ist, von Politik zu erzählen anhand der Geschichten einzelner Figuren, die Kaddour präzise und mit viel feinem Humor zeichnet. Und deren Religions- und Rassenkonflikte erschreckend aktuell wirken. « WDR 5